Oft ist der Steuerberater, der Sie laufend betreut (also Ihr „Haussteuerberater“), der erste Ansprechpartner in sämtlichen Steuersachen. Warum Ihr Steuerberater jedoch nicht Ihr erster Ansprechpartner im Steuerstrafrecht sein sollte, hat verschiedene Gründe:
1. Risiko für Sie und Ihren Berater
Die Wirksamkeit einer Selbstanzeige hängt von einer Vielzahl zu beachtender Punkte ab. Gerade mit Blick auf das Vollständigkeitsgebot und die sog. Sperrgründe droht häufig ein Scheitern der Selbstanzeige. Für Ihren Steuerberater ergeben sich erhebliche Haftungsrisiken, sofern er keine Spezialist in diesem Bereich ist und dann eine Selbstanzeige vorbereitet sowie das Verfahren begleitet. Sofern die Selbstanzeige aufgrund eines Beraterverschuldens unwirksam ist, führt dies unter Umständen zu erheblichen Schadensersatzansprüchen, welche das Verhältnis zu Ihrem Steuerberater unerträglich belasten wird. Viel schlimmer wäre allerdings, wenn Sie wegen einer unwirksamen Selbstanzeige nicht straffrei blieben, sondern bestraft würden (das passierte im Fall Hoeneß).
2. Keine unabhängige Beratung durch Ihren Steuerberater
Selbst wenn Ihr Steuerberater ein Experte auf dem Gebiet des Steuerstrafrechts und in Sachen Selbstanzeige wäre, ist es – zumindest bei Dauersachverhalten – ratsam, die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige nicht mit ihm zu besprechen
Ihr Steuerberater ist zwar regelmäßig verpflichtet, Sie auf die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige hinzuweisen. Unterlässt der Steuerberater dies, kann dies Schadensersatzansprüche auslösen. Eine Pflicht, den Mandanten zur Selbstanzeige zu bewegen, besteht jedoch nicht.
Weist nun Ihr Steuerberater auf die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige hin und entscheiden Sie sich – aus welchen Gründen auch immer – gegen eine Selbstanzeige, so muss Ihr Steuerberater sein Mandat niederlegen. Dies gilt zumindest dann, wenn es sich um Dauersachverhalte handelt, die auch künftig verschwiegen werden sollen. Andernfalls macht sich Ihr Steuerberater durch die Mitwirkung an künftigen Steuererklärungen wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung strafbar.
In einem solchen Fall werden Sie kaum ergebnisoffen mit Ihrem Steuerberater die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige besprechen können. Denn Ihrem Steuerberater droht immer, dass er sein Mandat niederlegen muss.
Beispiel: Sie liefern Waren ins EU-Ausland, welche Sie dort bislang nicht versteuert haben. Die Nichtversteuerung im EU-Ausland ist eine Steuerstraftat in Deutschland! Sie besprechen mit Ihrem Steuerberater die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige und kommen zu dem Ergebnis, dass Sie keine Selbstanzeige abgeben möchten. Auch werden Sie weiterhin Waren ins EU-Ausland liefern und diese dort nicht versteuern. In diesem Fall muss Ihr Steuerberater dann das Mandat niederlegen, wenn er sich nicht wegen Beihilfe strafbar machen möchte.
Möchten Sie eine solche Sachlage vermeiden, ist es deshalb ratsam, die Möglichkeit einer Selbstanzeige nicht mit seinem „Haussteuerberater“ zu besprechen. Besprechen Sie lieber die Selbstanzeige mit einem „externen“ Experten. Denn mit der Niederlegung des Mandats Ihres Steuerberaters ist keinem geholfen: Sie müssen sich einen neuen Steuerberater suchen und Ihr Steuerberater verliert Sie als Mandanten.
3. Ihr Steuerberater darf Sie nicht in Sachen Geldwäsche beraten
Mit Wirkung zum 18.03.2021 wurde der Tatbestand der Geldwäsche im Strafgesetzbuch neu geregelt. Der Gesetzgeber verfolgt nunmehr einen „All-Crime-Ansatz“, wonach neuerdings auch die kleinste Steuerhinterziehung mögliche Vortat der Geldwäsche sein kann (vor der Neureglung galt dies nur für Steuerstraftaten, die sich durch eine besonderes Gewicht oder spezifische Nähe zur organisierten Kriminalität auszeichneten). Das kann dazu führen, dass eine strafbefreiende Selbstanzeige im Steuerstrafrecht zur Entdeckung einer Geldwäsche führt. Es würde dann eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche drohen, wenn hier nicht aufgepasst wird. Ihr Steuerberater darf Sie jedoch hierzu nicht beraten, da er sonst gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstoßen würde. Schon gar nicht darf er die ggf. erforderlichen Handlungen vornehmen, um Sie auch vor einer Strafbarkeit wegen Geldwäsche zu schützen.