Eine Steuerhinterziehung des verstorbenen Erblassers kann beim Erben schnell ebenfalls zu einer Steuerhinterziehung führen:

Bei Erbschaften taucht oftmals die Frage auf, inwieweit ein Erbe ein steuerlich pflichtwidriges Verhalten des Erblassers berichtigen muss. So z.B. wenn zum Nachlass ein Konto im Ausland gehört, dessen Erträge nie in den Steuererklärungen des Erblassers berücksichtigt wurden. In diesen Fall hat also der Erblasser zu wenig Einkommensteuer in Deutschland gezahlt.

Berichtigungspflicht

Erkennt ein Erbe, dass eine Steuererklärung des Erblassers unrichtig war, hat er dies unverzüglich den Finanzbehörden gegenüber anzuzeigen und die Erklärung entsprechend zu berichtigen. Dies gilt übrigens auch, wenn die unrichtige Steuererklärung nicht als Steuerhinterziehung zu qualifizieren war.

Ausnahme: Es besteht keine Verpflichtung, Fehler anzuzeigen, die dem Finanzamt bei der Veranlagung unterlaufen sind, wenn eine korrekte Steuererklärung eingereicht wurde.

Die Anzeige- und Berichtigungspflicht besteht übrigens auch, wenn pflichtwidrig keine Steuerhinterziehung durch den Erblasser abgegeben wurde und es so zu einer Steuerverkürzung kam. So führt eine wegen Demenz des Erblassers unwirksame Einkommensteuererklärung – sofern sie unrichtig oder unvollständig ist – zu einer Berichtigungspflicht des Erben, bei deren Verletzung eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen vorliegen kann (siehe Bundesfinanzhof, Urteil vom 29.08.2017, VIII R 32/15).

Unverzüglich

Der Erbe muss die Unrichtigkeit nach dem oben Gesagten unverzüglich anzeigen, nachdem er Kenntnis davon erlangt hat. Unverzüglich bedeutet „ohne schuldhaftes Zögern“. Was darunter zu verstehen ist, hängt vom Einzelfall ab, insbesondere davon, ob es sich um einen komplizierten Sachverhalt oder eine einfache Mitteilung einer einfachen Tatsache handelt. Als Obergrenze nennen manche einen Zeitraum von nur 2 Wochen. In jedem Fall ist schnelles Handeln erforderlich, wenn man sichergehen möchte, nicht selbst einen Straftatbestand zu erfüllen.

Zeitlicher Umfang der Berichtigung / Verjährung

Der Erbe muss sämtliche Steuerstraftaten des Erblassers, die steuerlich noch nicht verjährt sind, gegenüber dem Finanzamt anzeigen und berichtigen. Im Falle einer Steuerhinterziehung gilt laut Gesetz steuerlich eine 10-jährige Verjährungsfrist.

Wenn eine Steuererklärung eingereicht wurde, beginnt die Frist mit Ablauf des Jahres, in dem die Erklärung eingereicht wurde. Hat z.B. der Erblasser seine unrichtige Einkommensteuererklärung für das Jahr 2010 im Jahr 2011 eingereicht, so beginnt die Verjährung erst ab dem 1.1.2012 zu laufen und endet nach 10 Jahren mit Ablauf des 31.12.2021. Das hieße, dass der Erbe sämtliche Steuerhinterziehungen des Erblassers seit dem Veranlagungszeitraum 2010 korrigieren müsste.

Wurde eine Steuererklärung gar nicht eingereicht, obwohl diese zu einer Steuerpflicht geführt hätte, beginnt die Frist mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist. Hätte der Erblasser z.B. für das Jahr 2008 eine Steuererklärung abgeben müssen, beginnt die Verjährung mit Ablauf des Jahres 2011, also ab dem 1.1.2012 zu laufen. Das hieße, dass der Erbe hier sogar sämtliche Steuerhinterziehungen des Erblassers seit dem Veranlagungszeitraum 2008 korrigieren müsste.

Konsequenzen einer verspäteten Berichtigungsanzeige

Wer zu lange mit der Anzeige wartet, kann schnell große Probleme steuerstrafrechtlicher Art bekommen. Denn wer es als Erbe unterlässt unverzüglich seiner Berichtigungsanzeige abzugeben, begeht selbst eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen. Die Konsequenzen können gravierend sein, insbesondere wenn es um hohe Steuern geht, die der Erblasser insgesamt in bislang nicht verjährten Zeiträumen von mindestens 10 Jahren nicht erklärt hat.

Beispiel: Der Erblasser hat in den letzten 10 Jahren vor seinem Tod jeweils 5.000 € pro Kalenderjahr hinterzogen. Dies bedeutet für den Erblasser, dass er mehrere Straftaten mit einem Hinterziehungsbetrag in Höhe von jeweils 5.000 € begangen hat. Laut dem Gesetz wird ein solches Vergehen jeweils mit Geldstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bestraft. Erkennt der Erbe dieses Straftaten und meldet diese nicht unverzüglich werden alle diese Taten des Erblassers jedoch zusammengerechnet, so dass der Hinterziehungsbetrag des Erbens mindestens 50.000 € beträgt. Dies wird in der Regel als Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall qualifiziert (s. dazu den Beitrag „Steuerhinterziehung: großes Ausmaß ab 50.000 €“). Strafandrohung: Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren (keine Geldstrafe!). Der Erbe, der die Taten des Erblassers nicht unverzüglich dem Finanzamt anzeigt, wird womöglich viel stärker bestraft als der Erblasser. Und das, obwohl der Erbe – insbesondere wenn es sich beim Erben um den Ehepartner oder ein Kind des Erblassers handelt – meist andere Sachen nach dem Tod des Erblassers zu tun hat (Trauer, Abwicklung der Beerdigung, etc.), als sich um die Korrektur der Steuerstraftaten des Erblasser Gedanken zu machen.

Und selbst wenn man später durch eine Selbstanzeige einer strafrechtlichen Bestrafung entgehen könnte, kommt es in der Regel zu zusätzlichen Zahlungspflichten, die vermeidbar gewesen wären, wenn man unverzüglich gehandelt hätte.

Fazit

Wird eine Steuerhinterziehung des Erblassers erkannt, ist schnelles Handeln erforderlich. Ist es fraglich, ob das Handeln noch unverzüglich ist, ist der sicherste Weg die Abgabe einer Selbstanzeige. Dies gilt umso mehr, wenn es sich beim Erben ggf. um eine Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall handelt.